Liebe Genossinnen und Genossen,

Soziale Demokratie – dafür stand Ernst-Gottfried Mahrenholz: als Politiker, als Jurist und als Genosse. Im Alter von 91 Jahren ist er nun gestorben.

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, die Kontrolle der Nachrichtendienste durch den Bundestag, die Unschuldsvermutung – dies sind nur einige der richtungsweisenden Urteile, an deren Ernst-Gottfried Mahrenholz am Bundesverfassungsgericht mitwirkte. Als Vorsitzender des Zweiten Senats des höchsten deutschen Gerichts, dem Ernst-Gottfried von 1981 bis 1994 angehörte, prägte er viele von dessen Urteilen. Und noch danach kommentierte er rechtliche Auseinandersetzungen in den Medien, wie er auch unseren Ministerpräsidenten Stephan Weil in Rechtsfragen beriet.

Prägend war Ernst-Gottfried auch in vielen anderen Funktionen, die er bekleidet hatte: Auf kommunaler Ebene als Leiter des Bauverwaltungsamtes in Hannover ebenso wie auf Landesebene als Staatssekretär in der Niedersächsischen Staatskanzlei unter Alfred Kubel, als Kultusminister und als Landtagsabgeordneter oder als Direktor des NDR-Funkhauses Hannover. Er hielt mit seinem Urteil nicht hinter dem Berg, mahnte die Regierenden wie die Parteispitze und mischte sich munter in Debatten ein, auch in seinem Ortsverein Kleefeld-Heideviertel.

Dort blieb er trotz seiner Prominenz und seines vielfältigen Engagements ein einfacher, verlässlicher Genosse. Er war sich nicht zu schade, bei Wind und Wetter Wahlkampf zu machen; noch im Oberbürgermeisterwahlkampf vor anderthalb Jahren suchte er die Diskussion mit Passant*innen auf der Straße und warb für die Sozialdemokratie. „Das ist meine Partei“, betonte er immer wieder: „Plant mich ein, wenn ihr mich braucht.“

Vor wenigen Wochen sollte Ernst-Gottfried, dem Stephan Weil zum 90. Geburtstag den Niedersächsischen Staatspreis verliehen hatte, für 70 Jahre Mitgliedschaft in der SPD geehrt werden. Im Vorfeld berichtete der Jurist, wie er 1951 nach seinem Eintritt in die Partei als Student in Tübingen ganz selbstverständlich im Ortsverein mit Arbeitern diskutiert und gemeinsam mit ihnen Basisarbeit betrieben hatte: „Da gab es überhaupt keine Berührungsschwierigkeiten, obwohl wir als Intellektuelle damals auch in einer Unistadt wie Tübingen eher noch die Ausnahme in der Arbeiterpartei SPD waren.“ – Die Ehrung, die Stephan Weil als Landesvorsitzender vornehmen sollte, musste der Ortsverein wegen der Corona-Beschränkungen verschieben; Ernst-Gottfried selbst wollte da „keine Sonderrolle“, sondern lieber mit den anderen Mitgliedern nachträglich im Frühjahr geehrt werden – „oder wann es dann passt“. Dazu ist leider nicht mehr gekommen: Ende Januar starb Ernst-Gottfried Mahrenholz.

Die Sozialdemokratie verliert damit einen aufrechten Genossen, der sich in besonderer Weise um die soziale Demokratie in Deutschland verdient gemacht hatte und der bis zum Schluss verlässlich für seine SPD und deren Werte eintrat.

Mit stillem Gruß.